Der Herr öffnet uns die Schrift
(vgl. Lk. 24,25 f.)
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Evangelisch – lutherische Grundsätze
zur Hermeneutik der Heiligen Schrift1
Die folgenden Grundsätze zur Hermeneutik sollen das rechte Verständnis und die rechte Auslegung der Heiligen Schrift aufzeigen. Sie wenden sich einerseits gegen die weithin verbreitete rationale und historische Kritik der biblischen Botschaft wie andererseits gegen ein sektiererisches Verständnis, das Jesus Christus als Erfüllung und Mitte der Heilsgeschichte und der Heiligen Schrift nicht gerecht wird.
These 1
Gott hat sich den Menschen offenbart
Der natürliche Mensch hat nach dem Sündenfall nur noch eine unvollkommene Ahnung von Gott im Herzen, die ihn nicht zur wahren Erkenntnis Gottes und nicht ins ewige Leben führen kann (Röm. 1,19-22; 1.Kor. 1,20.21; 12,3). Da hat Gott zu den Menschen gesprochen, um ihnen sein Wesen, seine Gebote und seinen Heilswillen zu offenbaren. Deshalb werden wir immer wieder aufgefordert: Höret auf das Wort Gottes! (5.Mose 6,4; Mt. 17,5; Joh. 5,24).
Verworfen wird die Meinung,
dass der Mensch von sich aus durch logische, philosophische oder spekulative Überlegungen Gott und seinen Heilsweg für die Menschen recht erkennen könne.
These 2
Der dreieinige Gott hat sich in der Geschichte offenbart, indem er sich herabließ (Kondeszendenz), in menschlichen Worten zu den Menschen zu sprechen wie zu und durch Mose und die Propheten und zuletzt im Sohn und durch dessen Apostel (2.Petr. 1,20f,; Hebr.1,1f.).
Dabei passte Gott sein Wort der Redeweise und Kultur der jeweiligen zeit soweit an, dass er in dieser Zeit, aber auch noch von den nachfolgenden Generationen bis hin zum Jüngsten Tag , zu verstehen ist. Auf diese Weise sollen die Menschen aller Zeiten Gottes Wesen und Ratschluss – soweit er es offenbart hat – und seinen Willen sowie seine Heilszusage erkennen.
Verworfen wird die Meinung,
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die biblische Botschaft beruhe nicht auf Offenbarung Gottes, sondern sie habe sich innerweltlich in einem geschichtlich-kulturellen Prozess (evolutionär) entwickelt,
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Gott habe sein Wort so zeitgebunden gesprochen, dass es heute nicht mehr gelte oder nicht mehr verstanden werden könne (siehe auch These 23).
These 3
Durch das Wirken und den Beistand des Heiligen Geistes sind uns Gottes Wort und Offenbarung durch die Schriften des Alten und Neuen Testaments zuverlässig überliefert. Die Heilige Schrift selbst ist Offenbarung Gottes (2.Tim. 3,16).
Wie uns die Heilige Schrift heute in den Ursprachen vorliegt, so hat sie Gott gewollt. Durch sie hat Gott den Weg ins ewige Leben gewiesen und die Regel und Richtschnur des Glaubens und Lebens gesetzt (Joh. 5,39; Röm. 1,2).
Die schriftlichen Berichte von Gottes Offenbarung wurden durch Eingebung des Heiligen Geistes (Inspiration) von auserwählten Menschen geschrieben. Sie bedienten sich zwar unterschiedlicher Ausdrucks- und Redeweisen, aber dennoch sind Inhalt und Wortlaut von Gott gewirkt. Die Sprache ist naturgemäß Träger der Inhalte, deshalb hängen Wort und Inhalt untrennbar zusammen. Der Weg zum Glaubensverständnis eines biblischen Textes erfolgt durch seinen Wortlaut und nicht über ihn hinweg.
Verworfen wird die Meinung,
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Gott habe sich auch in anderen Religionen und anderen religiösen Schriften offenbart,
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unmittelbarer Wortsinn und Wortlaut der Heiligen Schrift wären mehr oder weniger nur von Menschen zufällig gewählt und könnten deshalb verändert oder ausgetauscht werden,
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vermeintliches Menschenwort sei vom Gottteswort, also Ausdruck vom Inhalt, zu scheiden,
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ein neues vom Wortlaut abweichendes rechtes Verständnis eines Schriftwortes könne durch Rekonstruktion eines angeblich zuverlässigeren vorkanonischen Text gewonnen werden.
These 4
Welche Schriften Gottes Wort sind und damit zur Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments gehören (Kanon), ist durch das Wirken des Heiligen Geistes aus ihrem inneren Zeugnis, ihrer prophetischen und apostolischen Herkunft und der Anerkennung durch die Gemeinden bzw. der apostolischen Kirche gewachsen (Joh. 16,13 f.).
Der alttestamentliche judäische Kanon lag praktisch schon zur Zeit Jesu fest. Nach dem Zeugnis der Apostel und Evangelisten wird er von Jesus nicht kritisiert, sondern durch häufige Bezugnahme auf die alttestamentlichen Schriften bestätigt. Insbesondere im Evangelium des Matthäus wird dies vielfältig bezeugt.
Es gibt jedoch neutestamentliche Schriften, deren apostolische Herkunft von einigen Gemeinden als nicht genügend gesichert angesehen wurde und die auch nicht bei allen Gemeinden in Gebrauch waren (Antilegomena). Das gilt mehr oder weniger für den Jakobusbrief, den Judasbrief, den Hebräerbrief, den 2.Petrusbrief, den 2. und 3. Johannesbrief und für die Offenbarung des Johannes. Da aber andererseits eine überaus große Anzahl von Gemeinden diese Schriften als apostolisch anerkannten, wurden sie in das Neue Testament aufgenommen. Doch sollten um der Gewissheit willen allgemeine Glaubenssätze und Lehrentscheidungen nicht allein aus den Antilegomena abgeleitet werden. Sie sind wesentlich mit den übrigen von allen als zweifelsfrei anerkannten Schriften (Homolegomena) des Neuen Testaments zu begründen.
Verworfen wird die Meinung,
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die Zusammenstellung der einzelnen Schriften zur Heiligen Schrift beruhe nicht auf maßgeblichem Einwirken des Heiligen Geistes,
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gegen den Kanon des Alten und Neuen Testaments und die von der ganzen frühen Kirche als zweifelsfrei anerkannten Schriften (Homolegomena) können heute noch Zweifel und Einwände vorgebracht werden.
These 5
Der dreieinige Gott hat sein göttliches Wesen und seine Heilszusage den Menschen in der Geschichte offenbart. In Jesus Christus erfüllen sich alle Heilsverheißungen (2.Kor. 1,20).
Das heißt, Gott hat den Menschen eine Heilsgeschichte bereitet und in Jesus Christus erfüllt. In ihm hat Gott seine Wahrheit und Gnade abschließend offenbart und entfaltet (Hebr. 1,1-3). Der eingeborene Sohn Gottes ist das Fleisch gewordene Wort Gottes (Joh. 1,1-18; Mt. 17,5). Deshalb ist die gesamte Heilige Schrift mit Jesus Christus untrennbar verbunden und von ihm als der Erfüllung und Mitte her zu verstehen und auszulegen. So findet die Heilige Schrift trotz formaler Vielfalt in Jesus Christus ihre Einheit. Er ist der Schlüssel zum Verständnis der Heiligen Schrift. Er öffnet seinen Jüngern die Schrift (Lk. 24, 25-32).
Verworfen wird die Meinung,
dass es verschiedene sich widersprechende Theologien in der Heiligen Schrift gäbe!
Es gibt nur unterschiedliche Abschnitte in der Heilsgeschichte und verschiedene Redeweisen und Verfasser.
Verworfen wird andererseits die Meinung,
alle Worte der Heiligen Schrift würden gleichsam als auf einer Ebene befindlich zu verstehen sein.
Stattdessen muss unterscheiden werden, in welchem heilsgeschichtlichem Abschnitt und zu wem Gott welche Worte gesprochen hat.
These 6
Das Alte Testament berichtet erzählend von Gottes Handeln und seinem Weg mit den Menschen in der Ur- und Frühgeschichte sowie von Gottes Weg und Bund mit dem Volk Israel und den ihm gegebenen Verheißungen.
Daraus erfahren wir von Gottes Wesen, seinem Willen für die Menschen der damaligen Zeit, aber auch von seinem unwandelbaren Willen für die Menschen aller Zeiten. Darüber hinaus enthält das Alte Testament Verheißungen, Gottes Heilszusage für Israel und alle Menschen – Verheißungen auf die kommende Erlösung, auf das kommende Reich Gottes und den kommenden Christus.
Verworfen wird die Meinung, dass
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das Alte Testament vor allem Mythen und eine national geschönte Geschichtsschreibung Israels enthalte,
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das Alte Testament heute nur noch historisch-kritisch und religionsgeschichtlich verstanden werden könne,
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als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen das jüdische Volk auch ohne den Glauben an Jeus Christus zum heil gelangen könne.
These 7
Da das Alte Testament von Gottes Wort und Handeln in der Geschichte sowie von Worten der Prophetie und Verheißung berichtet, haben Verständnis und Auslegung sowohl nach dem Wortlaut (Literalsinn) als auch unter Berücksichtigung der im Neuen Testament geschehenen Erfüllung in Jesus Christus zu erfolgen.
Das AT drängt auf seine Erfüllung hin. Nach dem zeugnis des NT ist Jesus Christus die Erfüllung der Verheißungen und Erwartungen des AT (2.Kor. 1,20). Deshalb ist eine Deutung des AT abgetrennt vom NT nicht sachgemäß. An der Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen in Jesus Christus wird jedoch deutlich, wie manche Prophetie in bildhaften Worten und nur umrisshaft gegeben war.
Verworfen wird die Meinung,
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das AT könne ausschließlich nach dem historischen Sinn ohne Hinzuziehen des NT recht verstanden und ausgelegt werden,
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das AT habe für den Glauben der Christenheit keine oder nur noch sehr geringe Bedeutung.
These 8
Bestimmte Geschichten und Personen des Alten Testaments weisen über ihren alttestamentlichen Kontext hinaus und sind deshalb typologisch auf den nachfolgende Neuen Bund und auf Jesus Christus zu beziehen.
Soweit jedoch in der Auslegung einzelner Schriftstellen (Exegese) für solch ein typologisches Verständnis kein unmittelbarer Hinweis im NT gegeben wird, ist mit Zurückhaltung und Umsicht zu verfahren. Eine typologische Auslegung darf nicht dazu führen, dass damit Eigenwert und unmittelbarer Wortsinn der alttestamentlichen Schriftstelle gleichsam aufgehoben werden (Allegorese). Auch darf kein neuer Offenbarungsinhalt im Sinne eines neuen Glaubenssatzes begründet werden, für den keine andere unmittelbare und klare Schriftstelle angeführt werden kann.
Vor der Gefahr gekünstelt oder gepresst wirkender typologischer Auslegungen, die unglaubwürdig wirken müssen und damit geeignet sind, Zweifel an Gottes Wort zu wecken, wird gewarnt.
Beispiele zur Typologie:
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Jona war drei Tage im Bauch des Fisches (Jona 2), Jesus war drei Tage im Tod und Grab (Mt. 12,40), so ist die Geschichte des Jona auch eine Typologie auf Jesus Christus.
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Abraham soll seinen Sohn Isaak opfern (1. Mose 22), Gott opfert seinen Sohn am Kreuz.
Verworfen wird die Meinung,
dass es keine Typologie des Alten auf das Neue Testament gäbe.
These 9
Das Verständnis und die Auslegung des Alten Testaments durch Jesus Christus sind für uns verbindlich.
Jesus Christus ist
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das fleischgewordene Wort Gottes,
-
der eingeborene Gottessohn, der teilhat am Schöpfungswerk und der Heilsgeschichte, und auch teilhat an der Offenbarung und Schriftwerdung.
Er ist deshalb der autoritative Ausleger der Schrift. Ja, er ist mehr, er ist ihre Erfüllung und er ist der Herr über die Schrift. Wer sollte da das AT besser auslegen und ein besseres Verständnis zeigen als er?
Entsprechende Vollmacht der Auslegung haben auch die von Jesus Christus bevollmächtigten und mit dem Heiligen Geist ausgerüsteten Apostel (siehe Thesen 15 – 17).
Beispiele: Wenn Jesus Noah (Mt. 24,38) und Jona (Lk. 11,29 f.) als historische Personen des AT benennt, dann sind sie auch tatsächlich lebende Personen gewesen und nicht nur Gleichnisfiguren.
Entsprechendes gilt, wenn Paulus Adam und Eva als historische Personen anführt (Röm. 5,14; 1.Kor.15,45). Wenn Paulus in 1.Tim. 2,11 f. der Frau das Lehren (Predigen) mit dem Hinweis auf die Schöpfungsordnung des AT untersagt, dann ist die Bezugnahme eine autoritative Auslegung des AT, die auch uns bindet.
Verworfen wird die Meinung,
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das Verständnis und die Auslegung des AT durch den Herrn Jesus Christus und seiner Apostel wären nicht autoritativ,
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Jesus und die Apostel hätten auch nur ein zeitbedingtes und damit relatives Verständnis des AT gehabt,
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Jesus und die Apostel hätten bei ihrer Auslegung und Verkündigung Zugeständnisse an die damaligen gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse gemacht und deshalb nicht den ganzen und wahren Willen Gottes verkündigt,
und aus den genannten Gründen müsse heute erst noch der eigentliche Wille Gottes
ermittelt werden, ggf. auch entgegen den Worten Jesu und seiner Apostel.
These 10
Die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes stimmen in ihrem Gesamtzeugnis von Jesus Christus überein.
In ihren Einzelheiten weichen sie jedoch mitunter voneinander ab. Dies resultiert daraus, dass die Evangelisten
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unterschiedlicher Herkunft sind und aus unterschiedlichen Blickwinkeln berichten,
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sich jeweils einer knapperen oder ausführlicheren Form sowie verschiedener Denk- und Ausdrucksweisen bedienen
und
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sich unterschiedlichen Adressatenkreisen zuwenden.
Doch stehen alle vier Evangelisten unter der Verheißung Jesu: „Wer euch hört, der hört mich“ (Lk. 10,16). Von ihnen gilt die Feststellung, dass noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht ist, sondern von dem Heiligen Geist getrieben haben Menschen im Namen Gottes geredet“ (2.Petr. 1,20.21).
Verworfen wird,
die Einzelzeugnisse der Evangelien gegeneinander auszuspielen und bei bemerkten Abweichungen entscheiden zu wollen, welches Zeugnis nun der Wahrheit entspräche und welches nicht.
These 11
Bei scheinbar voneinander abweichenden Einzelzeugnissen der Evangelien kann durch Auslegung und Erklärung versucht werden, Übereinstimmung (Harmonie) zu erzielen. Dies gilt auch für alle anderen scheinbaren Widersprüchen in der gesamten Heiligen Schrift.
Dabei wird vor der Gefahr einer gekünstelt oder gepresst wirkenden Harmonisierung gewarnt, die unglaubwürdig wirkt und damit geeignet ist, Zweifel an Gottes Wort insgesamt zu wecken. Gelingt eine befriedigende Harmonisierung nicht, so sind die Schriftstellen unverkürzt nebeneinander stehen zu lassen (sieh auch These 26).
These 12
Jede Auslegung der Heiligen Schrift hat dem Glauben gemäß zu sein (Röm. 12,7).
Das heißt, jede Auslegung kann nur aus der Heiligen Schrift selbst hergeleitet werden (Schrift kann nur mit Schrift ausgelegt werden). Dabei ist immer das Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift mit ihrer Mitte – Jesus Christus – maßgeblich zu berücksichtigen.
Das Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift wird bekannt mit den altkirchlichen Glaubensbekenntnissen, nämlich dem Apostolischen, dem Nizänischen und dem Athanasianischen Glaubensbekenntnis in ihrem Wortsinne, mit ihren Glaubenssätzen vom dreieinigen Gott, der wahren Menschheit und Gottheit Jesus Christi und den Heilstatsachen (regula fidei), und den Bekenntnissen der evangelisch-lutherischen Kirche, insbesondere mit ihren Glaubenssätzen von
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der Unterscheidung der Worte der Heiligen Schrift nach ihrem Gehalt von Gesetz und Evangelium,
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der Verheißung, dass der Mensch das ewige Leben ererbt: allein durch Christus, allein aus Gnaden, allein durch den Glauben (Röm. 3,9),
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der Feststellung, dass allein die Heilige Schrift als Gottes offenbartes Wort Regel und Richtschnur des christlichen Glaubens und Lebens sein kann.
Verworfen werden alle Aussagen und Auslegungen zur Heiligen Schrift, die nicht in der o.a. Weise dem Glauben gemäß sind.
These 13
Das Wort Gottes im Alten und im Neuen Testament ist nach seinem Wesen zu unterscheiden in „Gesetz“ und „Evangelium“.
Mit Gesetzesworten fordert Gott von den Menschen ein bestimmtes Verhalten, erhebt Anspruch auf Gehorsam und droht ihnen im Falle des Ungehorsams zeitliche und ewige Strafe an:
„Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des Herrn, eures Gottes, die ich euch gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes ...“ (5.Mose 11,26-28).
„Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften. Das andere ist dies: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Es ist kein anderes Gebot größer als diese“ (Mk. 12,30.31).
Mit Evangeliumsworten spricht Gott zu den Menschen von seiner Liebe, Barmherzigkeit und Gnade, dass er ihnen die Sünden vergeben und sie ins ewige Leben führen will:
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein“ (Jes. 43,1).
„Aber mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht“ (Jes. 43, 24.25).
Jesus spricht: „Wer mein Wort hört und glaubet dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben“ (Joh. 5,24; 11, 25.26).
These 14
Allein der Glaube an Gottes Verheißungen des Evangeliums kann das Heil vermitteln (Röm. 3,21 f.; Gal. 3; 5, 4.9). Dies galt auch schon zur Zeit des Alten Testaments (Röm. 4; Hebr. 11; 2.Mose 34, 6 f.). Dennoch ist das Gesetz Gottes bleibender Wille, dem alle Menschen gehorchen sollen. Gesetz und Evnagelium sind zu unterscheiden.
Verworfen wird die Vermischung von Gesetz und Evangelium,
wobei
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unter Hinweis auf das Evangelium Gottes Gebote mit ihrem Anspruch auf Gehorsam und ihrer Strafandrohung entkräftet bzw. entwertet werden, oder
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unter Hinweis auf das Gesetz die Gnade Gottes in seinem Sohn Jesus Christus noch zusätzlich von einer bestimmten Leistung bzw. Gesetzeserfüllung des Menschen abhängig gemacht wird.
These 15
Gott hat sein Gesetz gegeben
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als einen Maßstab für das Zusammenleben und Verhalten der Menschen und um die Sünde äußerlich im Zaum zu halten (Riegel-Funktion),
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zur Erkenntnis unserer Sünden und des göttlichen Gerichts (Spiegel-Funktion, Röm. 3,20),
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als Richtschnur und Regel für das Leben des Christen, des wiedergeborenen neuen Menschen , (Regel-Funktion, Röm. 3,31; 13,8 f.; 1.Joh, 5,2).
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als einen Zuchtmeister auf Christus (Gal. 3,24).
„So ist also das gestez heilig, und das Gebot ist heilig, recht und gut“ (Röm. 7,12).
Jesus Spricht: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten“ (Joh. 14,15).
Verworfen wird die Meinung,
dass in Hinblick auf das Evangelium und den neuen Bund in Jesus Christus die Worte des Gesetzes generell überflüssig geworden wären.
These 16
Bestimmte alttestamentliche Gesetzesworte gelten uns nicht mehr.
Das sind die Gesetze, die Gott gegeben hat
a) als ein Bundeszeichen mit Israel,
b) für den äußeren Kult und die Zeremonien des Tempels,
c) für die äußere kultische Reinheit Israels,
d) für die Regierweise und Rechtsprechung im alten Bundesvolk Israel.
Zu a)
„Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Kreatur“ (Gal. 6,15).
Zu b)
„So ist Christus einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden... Wo aber Vergebung der Sünden ist, da geschieht für sie kein Opfer mehr“ (Hebr. 9,26.28; 10,18).
Zu c)
Jesus spricht: „ Was zum Munde eingeht, das macht den menschen nicht unrein, sondern was zum Munde ausgeht, das macht den Menschen unrein“ (Mt. 15,11).
Zu a-c) schreibt Paulus: „So lasst euch nun von niemanden ein schlechtes Gewissen machen, wegen Speise und Trank, oder wegen eines bestimmten feiertages , neumondes oder Sabbats“ (Kol. 2, 16).
Zu d)
Die äußere Theokratie Israels ist mit dem Kommen Jesu Christi endgültig hinfällig geworden, wie er spricht: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ ( Joh. 18,36).
Verworfen wird die Meinung,
dass die Kirche als das neue Bundesvolk auch die Gesetze zu beachten hätte, die speziell dem alten Bundesvolk Israel gegeben wurden.
These 17
Gottes Gesetzesworte zur Ethik sind zeitlos verbindlich.
Christus hat uns vom Fluch des Gesetzes befreit, indem er ihn auf sich nahm; vom Gehorsamsanspruch hat er uns nicht entbunden (Mt. 5,17; Gal. 3,13). Desdahlb gelten weiterhin Gottes Worte z.B. gegen Ungehorsam gegenüber den Eltern, dem Staat, dem Dienstherrn (4. gebot; Eph. 6; Röm. 13,1-7); gegen Scheidung, Ehebruch, sexuelle Ausschweifungen und Homosexualität (6. Gebot, Mt. 19,3 f.; Röm. 1,26 f.; 13,13; Eph. 5).
Verworfen wird die Meinung,
dass in Hinblick auf das Evangelium oder eine vermeintliche Zeitbedingtheit der o.a. Gesetzesworte, diese der Christenheit nicht mehr gelten würden.
These 18
Weisungen des Neuen Testaments können nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen als lediglich zeitgebunden verstanden werden.
Solche Voraussetzungen sind gegeben, wenn der Text bzw. Kontext zu erkennen gibt,
dass die Weisungen
nur an bestimmte Personen, zu bestimmten Zeiten, unter bestimmten Umständen ergangen sind
und damit nicht allgemein und für die folgenden Generationen in der Kirche gelten sollen.
Die zeitbezogenen Weisungen basieren auf nach wie vor geltenden göttlichen Grundforderungen. Die zeitbezogenen Weisungen sind also nur Konkretisierung bzw. Ausprägung der zeitlosen Grundforderung Gottes.
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Beispiel: Apostelkonzil, Apg. 15
Gottes zeitlose Grundforderungen: Friede, Einigkeit, Gemeinschaft, Liebe untereinander, kein Ärgernis und keine Anfechtung den Glaubensgeschwistern geben. Dies wurde in der apostolischen Zeit u.a. im Verhältnis der Judenchristen zu den Heidenchristen in der in Apg. 15,29 beschriebenen Weise konkretisiert.
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Beispiel: Kopfbedeckung für Frauen im Gottesdienst, 1.Kor. 11,2 f.
Gottes zeitlose Grundforderung: Die Gleichheit der Menschen vor Gott nach dem Glauben, nach der Erlösungsordnung (Gal. 3,28), soll nicht das Zuordnungsverhältnis von Mann und Frau nach der Schöpfungsordnung aufheben.
Dies wurde in apostolischer Zeit konkretisiert, indem die Frauen die für sie damals übliche Kopfbedeckung als Zeichen der Unterordnung trugen. Der Apostel Paulus redet dabei nur von einem „Brauch“ (Vers 2), über den nicht gezankt werden sollte (Vers 16).
These 19
Die Heilige Schrift ist in ihrem Gesamtzeugnis klar und eindeutig (Joh. 5,39).
Jeder kann sie verstehen und aus ihr Gottes Willen und seinen Heilsweg für die Menschen in seinem Sohn Jesus Christus deutlich vernehmen. Durch sie wirkt der Heilige Geist, wo und wann er will (siehe These 28).
Verworfen wird die Meinung, dass
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aufgrund vorhandener unklarer Stellen die Schrift insgesamt unklar wäre,
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nur ein besonderes bevollmächtigtes Lehramt (z.B. der Papst) oder theologische Wissenschaftler das Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift recht verstehen könnten,
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die Heilige Schrift mit einem Vorverständnis, das nicht ihrem Wesen und ihrer Heilsabsicht entspricht, recht verstanden und ausgelegt werden könne.
These 20
Unklare oder „dunkle“ Schriftstellen sind mit den klaren zu erklären bzw. aufzuhellen.
Ist dies nicht möglich, so lasse man die unklare Stelle als solche stehen (Thesen 26-29). Unklar ist eine Schriftstelle, wenn aus ihrem unmittelbaren Wortlaut keine verständliche Aussage oder nur eine, die nicht dem Glauben gemäß wäre, erschlossen werden kann.
Verworfen wird,
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dass aufgrund der vorhandenen unklaren Schriftstellen die Schrift nicht unter Eingebung des Heiligen Geistes zustandegekommen sei,
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klare und eindeutige Schriftstellen durch Herbeiziehen unklarer Schriftstellen zu verdunkeln, also die klaren mit den unklaren in Zweifel ziehen.
Martin Luther:
„Denn klare und gewisse Stellen durch Vergleichung mit anderen auslegen wollen, das hei0t, die Wahrheit in nichtswürdiger Weise verspotten und Wolken ins Licht bringen“ (W2 Bd. 20,326).
These 21
Vom Verständnis einer Schriftstelle nach ihrem unmittelbaren Wortsinn (Literalsinn) kann nur bzw. muss abgewichen werden, wenn besondere Umstände vorliegen.
Diese liegen vor, wenn
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im Text selbst ein Hinweis auf eine Bild- oder Gleichnisrede bzw. Metapher gegeben ist (z:B. Mt. 13, 3f.),
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überhaupt nur ein bild- oder gleichnishaftes Verständnis der Worte möglich ist (siehe jedoch auch Thesen 26-29),
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ein wörtliches Verständnis dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift widersprechen und nicht dem Glauben gemäß sein würde (siehe These 12),
Wer in seinem Verständnis vom Wortlaut des Textes abweicht, hat dies unter Hinweis auf andere Schriftstellen zu begründen (Beweislast).
Martin Luther:
„Denn ich habe oft gesagt, dass wer in der Heiligen Schrift studieren will, soll je darauf sehen, dass er auf den einfältigen Worten bleibe, wie immer er kann, und je nicht davon weiche, es zwinge denn irgendein Artikel des Glaubens, dass man es müsse anders verstehen, denn die Worte lauten ( W2 Bd. 3,20).
Verworfen wird,
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dass derjenige, der die Heilige Schrift nach dem unmittelbaren Wortlaut versteht, dies besonders zu begründen hätte; dies wäre eine unzulässige Umkehr der Beweislast;
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ein gegebenes wörtliches Verständnis eines Textes ohne schriftgemäße Begründung in ein nur bildhaftes bzw. in ein spekulativ bildhaft-psychologisches umzudeuten.
These 22
Die bildhaften Redeweisen der Heiligen Schrift in Gleichnissen, einzelnen Bibelworten und Reihen von Bildern in Traum- und Visionsoffenbarungen sind aus ihrer Besonderheit heraus zu verstehen.
Eine bildhafte Rede kann eine Sache entweder eindrücklicher, verständlicher und klarer machen oder sie nur andeuten bzw. umschreiben. Letzteres finden wir vor allem bei Prophetien und Aussagen über die Endzeit, das Gericht, das ewige Leben und Gottes Herrlichkeit, wie z.B. im Buch Daniel, beim Propheten Jesaja und in der Offenbarung des Johannes.
Soweit im unmittelbaren Text keine Erklärung der Bildrede gegeben ist, sind bei Gleichnissen die maßgeblichen Vergleichspunkte und bei Bildworten deren Aussageinhalte zu ermitteln. Das kann nur durch den Text- und Geschehenszusammenhang und durch klare Aussagen des NT erfolgen (siehe These 6). Die ermittelte Aussage muss dem Glauben gemäß sein (siehe These 12).
Im Hinblick auf den Verhüllungscharakter ist besondere Umsicht und Zurückhaltung geboten, wenn die einzelnen Visions- bzw. Traumbilder auf bestimmte Zeitalter oder auf die Gegenwart übertragen werden sollen. Bei der Offenbarung des Johannes ist z.B. die Gesamtabsicht maßgeblich zu berücksichtigen, ein Trostbuch für die verfolgte und angefochtene Gemeinde Jesu zu sein und von ihrem Sieg und ihrer Verherrlichung durch den wiederkommenden Herrn Christus zu künden.
Verworfen wird,
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eine bildhafte Rede wörtlich zu verstehen,
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jede willkürliche und spekulative Deutung bildhafter Redeweisen,
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die Auffassung, dass uns in bildhaften Redeweisen neue Glaubensinhalte mitgeteilt werden, für die es keine anderen klaren Zeugnisse im Neuen Testament gibt,
wie z.B. für die Meinung, dass Jesus Christus zunächst zur Errichtung eines äußeren weltlichen 1000-jährigen Friedensreiches wiederkommen werde,
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der Versuch, Gottes verborgenes Handeln in der Geschichte mit „prophetischer Sicherheit“ zu entschlüsseln und unter Umständen gar den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi zu ermitteln.
These 23
Gott ist nach seinem Wesen unveränderlich und treu, deshalb ist auch sein offenbartes Wort dem Wesen nach unveränderlich und zuverlässig (Jes. 40,8).
Da Gott nach seinem Wesen Wahrheit, Realität und Liebe ist, zeugt auch sein Wort von Wahrheit, Realität und Liebe (Ps. 33,4.9; Joh. 17, 17; Hebr. 1, 3; Apg. 13, 26).
Nach dem biblischen Zeugnis gibt es nur eine Wahrheit – die Wahrheit Gottes.
Sie ist nicht ein abstrakter Gedanke oder nur ein akustisches Wort, sondern immer zugleich ein Wirken und eine Wirklichkeit.
Verworfen wird die Meinung, dass
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sich Gott so weit herabgelassen habe (These 2), dass er auch etwas Unwahres oder Fehlerhaftes in und mit seinen Worten geredet habe,
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es außer und neben der Wahrheit Gottes noch eine widersprechende weltliche Wahrheit gäbe.
Verworfen wird, dass
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mittels der philosophischen These von der „doppelten Wahrheit“ widersprüchliche Aussagen zwischen der Heiligen Schrift und einer kausal-mechanistischen Weltsicht überbrückt werden,
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auf dialektische Weise die Wahrheit der Heiligen Schrift relativiert oder aufgelöst wird.
Gott ist der Schöpfer und Herr auch der Naturgesetze. Gottes Wahrheit durchdringt und umfasst alles, davon zeugt sein Wort. Nur der Heide Pilatus fragt: „Was ist Wahrheit?“
These 24
Gottes Wahrheit zu unserem Heil ist uns in Knechtsgestalt offenbart. Sie kann nur im Glauben erkannt werden.
Der Sohn Jesu Christus – wahrer Gott und wahrer Mensch – ist die zu unserem Heil fleischgewordene Wahrheit Gottes, aber in äußerer Knechtsgestalt. Jesu Gottheit, sein Erlöseramt und seine Sündlosigkeit können nicht auf weltliche Weise erkannt werden, denn an ihm ist äußerlich keine Gottheit, Hoheit und Herrschaft sichtbar, sondern nur Niedrigkeit (Jes. 53). So verhält es sich auch mit der Botschaft der Heiligen Schrift zu unserem Heil. Ihre göttliche Wahrheit und Unfehlbarkeit kann auf weltliche Weise nicht erkannt werden. Die Heilige Schrift ist in vollem Umfang von Gott, wenn auch von Menschenhand geschrieben und nicht überwältigend logisch wie ein mathematisches Lehrbuch, sondern sie stellt sich in Niedrigkeit dar, mit stilistischen Unvollkommenheiten und scheinbaren Widersprüchen.
Die Spannung, die sich aus Gottes Offenbarung in Niedrigkeit ergibt, gilt es im Glauben auszuhalten.
These 25
Mit der natürlichen Vernunft nimmt der Mensch zunächst das äußere, buchstäbliche Wort Gottes auf. Das innere Verständnis und Vertrauen wirkt der Heilige Geist.
Aus diesen Gründen kann die natürliche Vernunft beim Verstehen und Auslegen der Heiligen Schrift immer nur eine dienende Funktion haben. Zuerst sind wir zum Hören und Glauben aufgefordert.
Weltliche Geistes- und Naturwissenschaften dürfen die Theologie nicht beherrschen – auch nicht indirekt, z.B. durch Übernahme bestimmter Methoden, die nicht der Schrift gemäß sind. Die weltlichen Wissenschaften beruhen auf der natürlichen Vernunft, sie sind Menschenweisheit, die Theologie hingegen beruht auf göttlicher Offenbarung.
Verworfen wird die Meinung,
dass die Aussagen und Worte der Heiligen Schrift zu ihrem rechten Verständnis der Ergänzung oder gar Berichtigung durch weltliche Wissenschaften bedürften.
These 26
Die menschliche Vernunft mit ihren Erkenntnissen und Schlussfolgerungen ist auch durch den Sündenfall getrübt und verderbt.
Verworfen wird die Meinung, dass
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der Mensch alles oder zumindest einiges von Gott und dem Heilsweg selbst ergründen könne und er dabei nicht allein auf Gottes Offenbarung angewiesen sei,
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den Erkenntnissen der weltlichen Wissenschaften mehr als den Aussagen der Heiligen Schrift zu vertrauen sei,
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aus der Heiligen Schrift nur das zu glauben sei, was weltlich erklärbar und einsichtig ist,
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Gott sich nur innerhalb der bestehenden Naturgesetze offenbart habe,
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die Heilige Schrift mit einem historisch-kritischen Vorverständnis, das selbst nicht der Heiligen Schrift gemäß ist, recht verstanden und ausgelegt werden könne,
(Der Widersacher spricht: „Ja, sollte Gott gesagt haben?“, 1.Mose 3,1)
-
das Verständnis und die Auslegung der Heiligen Schrift maßgeblich vom Kontext gegenwärtiger gesellschaftlicher oder kultureller Ansichten und Umstände oder von Philosophien und heidnischen Religionen bestimmt werden sollen.
Dies alles würde dem einzigartigen Wesen der Offenbarung (siehe Thesen 1-3) widersprechen. Der Apostel Paulus schreibt: „Wenn jemand ein Evangelium predigt, anders als ihr es empfangen habt, der sei verflucht“ (Gal. 1,9).
These 27
Gottes Geheimnisse, die uns nur bis zu einem gewissen Grade offenbart sind und über und über unser menschliches Verstehen hinausgehen, können und sollen wir nicht mit der Vernunft ergründen, sondern im Glauben anbetend bekennen.
Die Dreieinigkeit Gottes, das Nebeneinander der göttlichen und menschlichen Natur des Sohnes, die Art seines Versöhnungswerkes am Kreuz und seine Auferstehung sowie die Weise des Wirkens des Heiligen Geistes durch äußeres Wort und Sakrament wie auch die Erbsünde des Menschen sind der menschlichen Vernunft nicht einsichtig verstehbar und erklärbar. Das gilt ebenso für alle biblischen Wunder, für den Inspirationsvorgang und die Schriftwerdung.
Verworfen wird der Versuch,
die Geheimnisse Gottes mit menschlicher Vernunft zu erfassen und zu erklären.
These 28
Durch die Worte der Heiligen Schrift wirkt Gottes Heiliger Geist den Glauben an Jesus Christus und damit verbunden auch das Vertrauen, dass die Bibel von Jesus Christus zeugt und Gottes zuverlässiges und unfehlbares Wort ist.
Dieser Glaube kann nicht durch Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der menschlichen Vernunft begründet oder bewiesen werden. Das Vertrauen auf das fleischgewordene Wort Jesus Christus kann nicht von dem Vertrauen auf das Schriftwort abgetrennt werden und auch nicht umgekehrt.
Verworfen wird die Meinung,
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dass die Heilige Schrift nicht zuverlässiges und unfehlbares Wort Gottes sei, weil man dies nicht mit der Vernunft beweisen kann,
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der Mensch müsse zuerst zu der Überzeugung gebracht werden, dass die Bibel Gottes wahres Wort sei, bevor er zum rettenden Glauben an Jesus Christus kommen würde.
These 29
Durch die Mittel seines Wortes und seiner Sakramente wirkt Gott an den Herzen der Menschen in geheimnisvoller Weise.
Die Heilige Schrift und die Verkündigung ihrer Botschaft sind mehr als nur äußeres Wort. Taufe, Abendmahl und Absolution sind mehr als nur äußere Elemente oder zeichenhafte Handlungen.
Kraft des Heiligen Geistes empfängt der Mensch durch das Evangelium Vergebung der Sünden und Wiedergeburt. Der dreieinige Gott begegnet dem Menschen – in und mit der Absolution, der Taufe und dem Abendmahl bietet Gott seine Gnade dar und eignet sie auch zu (zur Sakramentslehre im einzelnen wird auf die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche verwiesen, vgl. These 12).
Verworfen wird die Meinung,
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das äußere Wort der Heiligen Schrift entfalte keine göttliche Kraft und Wirkung und sei deshalb vergleichbar mit außerbiblischen philosophischen, humanistischen, ethischen oder gar heidnisch-religiösen Texten und Worten,
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die Sakramente seien nur äußere Handlungen, die nur dazu dienen, ein Bekenntnis abzulegen oder eine Tradition der Gemeinde fortzuführen.,
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die Sakramente könnten auch ohne Glauben Vergebung der Sünde und das Heil des Menschen wirken.
In dieser schwern betrübten Zeit
verleih uns, Herr, Beständigkeit,
dass wir dein Wort und Sakrament
behalten rein bis an das End.
Amen
Auch auf die Feststellungen zur Hermeneutik
der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche wird hingewiesen:
http://www.selk.de/synode2011/350_Biblische-Hermeneutik.pdf
Weiterer Literaturhinweis:
"Warum die Bibel missverstanden wird", Matthias Krieser
als Gratis-Ebook oder Print-Exemplar vom sola-gratia-verlag
1Herausgegeben vom
"Evangelisch-lutherischen Arbeitskreis Bibeltheologie und Kirche"