Anleihen des Islam beim Judentum

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Der namhafte Religionswissenschaftler Helmuth von Glasenapp formuliert die allgemeine Feststellung der Religionswissenschaft über den Islam wie folgt:1 „Geschichtlich gesehen ist der Islam freilich tatsächlich richtiger als eine arabische Form des nachexilischen Judentums zu betrachten, die durch eine Reihe von christlichen und heidnischen Elementen bereichert worden ist.“

 

Schon eine oberflächliche Betrachtung der Geschichten des Korans lässt erhebliche Schnittmengen mit dem Alten Testament erkennen. Zwar sind aus dem Neuen Testament auch Maria und Jesus und seine Wundertätigkeit erwähnt, aber eben nicht seine besondere Botschaft von der Vergebung und Erlösung und auch nicht das Zeugnis seiner Apostel. In so fern hat Jesus nur die Bedeutung eines Propheten, der Mohammed vorausgegangen ist. Mohammed aber ist das „Siegel der Propheten“, der die letzte und abschließende Offenbarung Allahs gebracht hat. Jesus ist nur noch die Rolle zugedacht, am Ende der Zeit den Glauben der Christen öffentlich zu verurteilen und die Lehre Mohammeds zu bestätigen.

 

Die Bezugnahmen auf Jesus und die alttestamentlichen Geschichten dienen zunächst der Legitimation Mohammeds und des Korans. Es soll gezeigt werden, dass nicht völlig Neues gebracht werde, sondern dass Mohammed am Ende einer Traditionskette der Offenbarungen Gottes stehe. Als Juden und Christen ihm die Anerkennung als wahren Propheten verweigerten, da erhebt Mohammed den Anspruch, abschließendes „Siegel der Propheten“ für alle Völker und Menschen zu sein.

 

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie viel der Koran und die folgende islamische Theologie der Sunna (schriftlich fixiert ab 9. Jahrhundert) aus dem Alten Testament und dem jüdischen Talmud (schriftlich fixiert 1.- 8. Jahrhundert) entlehnt und dann nach Umformung als göttlich-islamisches Gesetz („Scharia“) propagiert haben. Dies ist in einem so beträchtlichen Umfang geschehen, dass man vom Islam als von einer verzerrten Kopie des Judentums sprechen kann. Im Anbetracht dessen liegt die Frage nahe, ob der Islam vielleicht nur als eine besonders irrgläubige jüdische Sekte betrachtet werden könnte.

  • Wie das Judentum, so propagiert auch der Islam einen übersteigerten Monotheismus (Eingott-Glauben), der keinen Raum mehr für Jesu Gottessohnschaft und den Heiligen Geist lässt. Christen werden von Juden und Muslimen des Polytheismus (Vielgötterglauben) beschuldigt, zumindest verdächtigt.

  • Das alttestamentliche jüdische Glaubensbekenntnis (Sch'ma Jisrael, 5.Mose 6,4) lautet: „Höre, Israel, der HERR (Jahwe) ist unser Gott, der HERR (Jahwe) allein!

    Das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada) lautet: „Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Gesandter.“

  • Wie das Judentum, so vertritt auch der Islam im Bereich des Religiösen ein striktes Bilderverbot.

  • Nach Gottes Willen lebte das Volk Israel bis zur Babylonischen Gefangenschaft in einer Theokratie. Mose, die Richter und Könige hatten im weltlichen und zugleich religiösen Sinne das Volk zu führen. Mohammed propagiert nun auch eine entsprechende islamische Theokratie, bei der religiöse und weltliche Macht vereinigt sind.

  • Die Kriege, die Israel in einmaliger heilsgeschichtlicher Situation zur Eroberung Kanaans und zur Verteidigung führen musste, wurden nach Maßgabe Gottes geführt. Der Islam beansprucht nun für seine Eroberungskriege auch, dass sie gottgewollt und im Namen Allahs geführt würden („Dschihad“ - heiliger Krieg).

  • Entsprechend der Sicht des Judentums kann auch im Islam der Mensch sich durch Gesetzeserfüllung die Gnade und das Paradies verdienen. Der Sündenfall des Adam hätte nicht die Auswirkung gehabt, dass der Mensch von Grund auf sündhaft und damit unfähig geworden wäre, Gottes Gesetz vollkommen zu erfüllen (Leugnung der Erbsünde).

  • Wie im umfangreichen jüdischen Talmud kasuistisch, kleinlich und ängstlich geregelt ist, in welcher Art und Weise Gottes Gesetze im Alltag zu halten sind, so geschieht dies im Islam in der umfangreichen Sammlung der Hadithe in der Sunna. In diesen „Ergänzungswerken“ sind unzählige alltägliche Verhaltensweisen und die Speise- und Reinheitsgebote gesetzlich geregelt. Die verfassten Einzelvorschriften, hebt man faktisch auf die Ebene göttlicher Offenbarung. Wer als Jude nur das Alte Testament ohne den Talmud oder als Muslim nur den Koran ohne die Sunna akzeptieren will, der gilt als Irrlehrer und stellt sich außerhalb der Gemeinschaft.

  • Wie im Alten Testament durch ein Tieropfer Vergebung der Sünden erlangt werden konnte, so verheißt auch der Islam Vergebung aufgrund eines Tieropfers. Das jährlich Opferfest im Ramadan entspricht wesensmäßig dem Versöhnungstag (Jom Kippur) des Alten Testaments.

  • Zentrales Heiligtum der Juden ist Jerusalem mit dem Tempel. Wie die Juden regelmäßig zu den religiösen Festen nach Jerusalem wallfahrten, so pilgern Muslime zu ihrem zentralen Heiligtum der Kaaba in Mekka. Doch auch auf Jerusalem (arab. Al-Quds) erheben sie nach Mekka und Medina als dritte heilige Stätte Anspruch. Vom Tempelberg soll Mohammed einmal gen Himmel geritten sein.

  • Wie die Juden dreimal täglich (morgens, mittags, abends) ihre im Talmud festgelegten Gebete sprechen, so beten die Muslime fünfmal täglich (morgens, mittags, nachmittags, abends, nachts) ihre festgelegten Gebete im vorgeschriebenen arabischen Wortlaut.

  • Wie die Juden in Richtung Jerusalem beteten, so taten es anfangs auch die Muslime. Nach dem die Juden Mohammed ablehnten, wurde den Muslimen die Gebetsrichtung Mekka vorgeschrieben.

  • Der Sabbat (Sonnabend) ist nach dem Alten Testament der jüdische Feier- und Gebetstag, der Sonntag ist der christliche, der Freitag ist der islamische.

  • Während sich Juden auf ihre Auserwählung und Abstammung von Abrahams Sohn Isaak berufen, berufen sich Muslime auf ihre Abstammung von Abrahams anderem Sohn Ismael.

  • Nach dem Alten Testament sind jüdische Knaben am 8. Tag nach der Geburt zur Aufnahme in den Gottesbund zu beschneiden. Nach der islamischen Sunna sind auch die muslimischen Knaben zu beschneiden, frühestens am 7. Tag, meistens jedoch erst zwischen dem 4.- 12. Lebensjahr.2

  • Speisegebote des Alten Testaments und Talmuds wurden vom Islam adaptiert.

    Gott hatte seinem Volk Israel ein Vielzahl von Speisegebote gegeben, z.B. das Verbot, Schweinefleisch zu essen. Im Islam ist dies und auch noch etliches anderes ebenfalls verboten.

    Im Judentum und im Islam darf sich im Fleisch kein Blut mehr befinden, deshalb wird das Tier geschächtet. Dabei erfolgt das Schlachten, unter Rezitieren einer religiösen Formel, per Kehlschnitt und man lässt das Tier völlig ausbluten bis der Tod eintritt.

    Speisen, Lebensmittel und deren Zubereitung, die dem jüdischen Gesetz entsprechen, werden für „koscher“ (= erlaubt) erklärt. Die, die dem islamischen Gesetz entsprechen, werden für „halal“ (= erlaubt) erklärt.

  • Reinheitsgebote des Alten Testaments und Talmuds wurden vom Islam adaptiert.

    Nicht nur herkömmlicher Schmutz, sondern auch die Berührung von etwas Unreinem, z.B. eines unreinen Tieres, einer menstruierenden Frau oder eines Toten, bringe kultische Verunreinigung. Das wäre eine Barriere zwischen sich und Gott, die beseitigt werden muss. Deshalb gibt es im Judentum und auch im Islam Reinigungsrituale und rituelle Waschungen. Im Islam sind sie regelmäßig vor dem Gebet zu vollziehen. Man glaubt, dass mit der äußeren Reinigung zugleich auch eine innere Reinigung erfolge oder vorbereitet werde. Und nur in äußerer und damit auch innerer Reinheit dürfe man vor Gott treten.

  • Juden fasten an bestimmten jüdischen Feiertagen, insbesondere am Versöhnungstag (Jom Kippur), in dem sie über 25 Stunden keine Nahrung und keine Flüssigkeiten zu sich nehmen. In der Frühzeit hat Mohammed mit seinen Anhängern auch am Jom Kippur gefastet. Als die Juden ihn nicht anerkannten, hat Mohammed den Fastenmonat Ramadan zur Erinnerung an die Offenbarung des Koran eingesetzt. In diesem Mond-Monat dürfen Muslime in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich nehmen.

  • Die Stellung der Frau nach Koran und Sunna3 entspricht wesensmäßig der, die ihr auch vom jüdischen Talmud zugewiesen wird. Frauen haben nach dem Talmud und dem Islam einen minderen religiösen und sozialen Status. Ihre Aufgabe ist es, Kinder zu gebären und den Haushalt nach den religiösen Vorschriften zu führen.

Sie haben weniger religiöse Rechte und Pflichten und sind nicht zum Tageszeitengebet, nicht zum Lesen des Talmuds bzw. Korans und nicht zum Besuch von Synagoge bzw. Moschee verpflichtet. Dort dürfen Frauen nur in einem entfernten abgetrennten Bereich sitzen.

 

Vor Gericht sind sie keine bzw. keine vollwertigen Zeugen, in Scheidungs- und Erbschaftsangelegenheiten sind sie benachteiligt.

 

Frauen haben mit ihrer Kleidung und Kopftuch ihren Körper weitgehend zu verbergen, denn sie werden als Verführerinnen betrachtet. Männer dürfen außer ihrer Ehefrau andere Frauen nicht ansehen, ihnen keine Hand geben, nicht im Bus neben einer Frau sitzen, sich nicht mit einer fremden Frau allein in einem Raum aufhalten. In all dem entsprechen sich weitgehend Talmud und Koran mit Sunna. Und auch in der Lebenswirklichkeit sind hinsichtlich des Verhältnisses von Mann und Frau viele Parallelen zwischen orthodoxen Muslimen und ultraorthodoxen Juden zu beobachten (z.B. im jüdisch-ultraorthodoxen Stadtteil Jerusalems Mea Schearim). Im Gegensatz zu jüdischen Männern, dürfen muslimische Männer ihre Frauen sogar auch noch „leicht“ schlagen (Sure 4, 34).

 

 

Jesus widerspricht der Gesetzlichkeit

Betrachtet man all diese islamischen Entlehnungen aus dem Judentum, dann muss man feststellen, dass Jesus fast all diesen Dingen widersprochen hat. Deshalb steht eben der Islam näher beim Judentum und weit entfernt vom christlichen Glauben.

 

Jesus macht deutlich: Gott ist nicht nur der Vater, sondern auch der Sohn und der heilige Geist (Mt. 25, 19; Joh. 10, 30). Und der Sohn ist das Bild des Vaters (2. Kor. 4, 4), wie er spricht (Joh. 14, 9): „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“

 

Die Zeit der Theokratie Israels ist faktisch und auch theologisch beendet, wie Jesus spricht (Joh. 18, 36): „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ und „Stecke dein Schwert ein, denn wer zum Schwert greift, der wird durchs Schwert umkommen“ (Mt. 26, 52).

 

Auf die Frage, wie der Mensch durch gutes Tun selig werden kann, antwortet Jesus (Mt. 19, 26), „bei Menschen ist's unmöglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich“ – nämlich durch Vergebung, durch Glauben an sein stellvertretendes Kreuzesopfer (Mt. 20, 28; Mk. 16, 16; Joh. 3, 16). Mit Jesu einzigartigem Opfer haben alle Tieropfer ein Ende gefunden (Hebr. 9 - 11).

 

Zur Samariterin spricht Jesus, dass die Zeit kommen wird, in der die Menschen nicht nur in Jerusalem, sondern von überall auf der Welt Gott im Geist anbeten können (Joh. 4, 23). Die Zeit der heiligen Stätten ist zu Ende. Das Gebet soll auch nicht demonstrativ in der Öffentlichkeit, sondern im Verborgenen geschehen (Mt. 6, 6).

 

Auch die Abstammung von Abraham garantiert nicht die Seligkeit (Joh. 8, 33 ff.). Anstelle der Beschneidung tritt die Taufe (Mt. 28, 19; Kol. 2, 11-13).

Nicht was zum Mund hineingeht macht unrein, sondern was aus dem Mund Böses herauskommt (Mt. 15, 11). Äußerer Schmutz und Berührungen machen nicht innerlich unrein und innerliche Unreinheit kann nicht mit Wasser abgewaschen werden. Immer wieder wendet sich Jesus gegen die von Menschen gemachten Zusatzgebote (Mt. 15, 9; 23, 4).

 

Den Frauen räumt Jesus eine hohe Wertschätzung ein, er unterhält sich mit ihnen über Glaubensfragen, sie gehören mit zu seinem Jüngerkreis und werden als erste Zeugen seiner Auferstehung.

 

Der häufige Einwand geht fehl, dass doch auch in der Bibel Speise- und Reinheitsvorschriften und auch ähnlich anstößige Dinge wie im Koran stehen, z.B. über Krieg, über drastische Strafen usw. Dem muss entgegen gehalten werden, dass solche zwar im Alten Testament stehen, aber eben nicht mehr im Neuen Testament. Und das Neue Testament mit Jesus Christus ist die letzte erfüllende Offenbarung Gottes, die die alte Offenbarung überholt, in islamischer Terminologie gesprochen, diese sind „abrogiert“ (aufgehoben, arab. „nasch“).

 

Der Unterschied zwischen Bibel und Koran liegt gerade in der inhaltlich gegensätzlichen Abrogation. Die zeitlich zuerst vermittelten Suren von Mekka, in denen Mohammed für den Eingott-Glauben eintritt und sich tolerant und werbend gegenüber Juden und Christen zeigt, werden abrogiert (aufgehoben) durch die späteren unduldsamen harschen und kriegerischen Suren von Medina. In der Bibel dagegen werden die theokratischen und zum Teil gesetzlichen harten Aussagen des Alten Testaments abrogiert durch das Neue Testament – durch die Botschaft Jesu Christi von seiner Vergebung durch seinen Kreuzestod und unserer Erlösung.

 

Die Feststellung der umfangreichen islamischen Entlehnungen aus dem Judentum werden beiden Seiten bestreiten und entkräften wollen. Ja, sie werden sich darüber ärgern, weil ihre Einmaligkeit in Frage gestellt wird, was ihnen gegen die Ehre geht. Aber jeder Religionswissenschaftler wird die Feststellungen objektiv bestätigen. Es ist ein psychologischen Phänomen, dass Gruppen, die sich wesensmäßig eigentlich recht nahe stehen, sich schroff gegeneinander abgrenzen, ja, starke Abneigungen gegeneinander entwickeln. Die islamischen Theologie und die meisten Muslime sind stark antijüdisch geprägt. Und Juden weisen Gemeinsamkeiten mit dem Islam weit von sich.

 

 

Fußnoten

1 Helmuth von Glasenapp, „Die fünf Weltreligionen“, S. 364-365, 376, Wilhelm Heyne Verlag, München 1963

 

2 Ob auch Mädchen zu beschneiden sind, darüber gibt es im Islam keinen Konsens. Allerdings ist es in Ägypten, dem Sudan und Schwarzafrika sehr weit verbreitet. Befürworter berufen sich auf Hadithe Mohammeds, die allerdings als wenig authentisch eingestuft wird und in der Mohammed zu einer nur leichten Form der Beschneidung rät.

Im Judentum gibt es keine Beschneidung von Mädchen.

 

3 Dass diese Stellung zur Zeit Mohammeds ein positiver Fortschritt für die Frauen gewesen sein mag, soll nicht bestritten werden. Doch rechtfertigt das nicht, sie für göttlich und ewig und damit für heute noch für verbindlich zu halten. Das Problem liegt darin, dass diese Stellung der Frau in Koran und Sunna festgeschrieben ist. Vergleichbares gilt für den Talmud, während Jesus und die Apostel zu einer ganz anderen Sicht der Frauen leiten.

 

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