Mission unter Juden wird in Frage gestellt
- Gilt der Missionsauftrag Christi auch den Juden?
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Diese Frage wird heute nicht nur von jüdischer Seite, sondern zunehmend auch von christlichen Theologen und kirchenamtlich verneint. Man hat weitgehend die jüdische Theologie übernommen, dass aufgrund der Verheißungen des Alten Testaments Juden ihren ganz speziellen Zugang zu Gott und zum Heil hätten. Deshalb sei es nicht nur überflüssig, sondern anmaßend und beleidigend, den Juden das Evangelium von Jesus Christus verkünden zu wollen. Es solle bedacht werden, dass schließlich das Christentum aus dem Judentum hervorgegangen ist und so die Juden die älteren Brüder im Glauben seien. Die Römisch-katholische Kirche (Vaticanum II) und die Kirchen der EKD haben schon vor Jahren jede Art von Judenmission bewusst eingestellt, was die jüdische Seite zurecht als großen Erfolg verbucht hat. Denn damit haben die Kirchen den Juden einen eigenen zweiten Heilsweg bestätigt, obwohl sich dafür keine Grundlage im Neuen Testament findet.
Jesus warnt vor dem Irrtum der Juden, dass sie aufgrund ihrer Abstammung von Abraham schon im Besitz des Heils wären, wie vor ihm auch schon Johannes der Täufer gewarnt hatte (Mt. 3, 9; Mt. 8, 10-12; Lk. 13, 22 ff.; Joh. 8, 30 ff.).
Der Herr Christus spricht (Joh. 3, 36; 14, 6):
„Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
Die wenigen Juden, die derzeit zum Glauben an Jesus als den Messias gekommen sind, aber dabei zugleich ihre jüdische Identität bewahren wollen („messianische Juden“), werden von ihrem Volk, aber auch von den Volkskirchen ausgegrenzt. So hat der Evangelische Kirchentag 2013 den messianischen Juden einen Stand und eine Präsenz verweigert.
Nur noch einzelne evangelikal geprägte Gemeinden wollen das Evangelium Jesu Christi auch noch den Juden vermitteln. Obwohl diese vereinzelten evangelistischen Ansätze zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallen, hat der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, in der Zeitschrift „Politik und Kultur“, 1/2014, unter dem Titel „Willst du nicht mein Bruder sein...“ aufgefordert, die EKD solle sich von den Missionierungsversuchen „von bestimmten evangelikalen Kreisen“ deutlicher distanzieren. „Sie seien ein unnötiges Ärgernis. Wer Juden die Heilsfähigkeit abspricht, spricht dem Judentum letztendlich ebenfalls die Daseinsberechtigung ab. Das sei beleidigend.“ Kramer will die Konversion zum Christentum diskreditieren, während umgekehrt er selbst zum Judentum konvertiert ist.
Die großen Volkskirchen lehnen jede Form der Judenmission mit dem Hinweis auf die furchtbare Leidensgeschichte des jüdischen Volkes und mit Hinweisen auf die Geschichte und die göttlichen Verheißungen des Alten Testaments ab. Das Neue Testament mit dem Evangelium, mit der Botschaft unseres Herrn Jesus Christus, wird ausgeblendet. Zu der Frage, ob auch den Juden das Evangelium zu verkündigen ist, wird der Herr der Kirche nicht gehört. Es wird immer wieder nur darauf hingewiesen, dass Jesus doch schließlich auch ein Jude war. Doch gerade daraus folgern zu wollen, dass man sein Evangelium den Juden nicht verkündigen dürfe, erscheint geradezu widersinnig.
Jesus war zuerst zu seinem Volk gesandt und hat ihm zuerst seine Botschaft gepredigt (Mt. 1, 21; 5,17). Er sollte sein Volk retten von ihren Sünden, sollte Israel aufhelfen und ein Trost sein, aber auch ein Licht für die Heiden (Mt. 1, 21; 5, 17; Lk. 1, 54; 2, 25.34). Jesus predigte in den Synagogen und im Tempel von Jerusalem. Der kanaanäischen Frau sagt Jesus sehr direkt, dass er nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt ist (Mt. 15, 24 ff.). Den Heiden wendet sich Jesus nur in wenigen Ausnahmefällen um ihres Glaubens willen zu. Zuerst sollten die Juden seine Botschaft aus seinem Mund hören, die Heidenvölker erst nach seiner Auferstehung von den Aposteln. Dazu hat ihnen der Herr den Missionsbefehl gegeben (Mt. 28, 19.20).
In die Dörfer und Städte Judäas sandte Jesus zuerst seine zwölf Jünger (Mt. 12; Lk. 9) und dann weitere 72 Jünger aus (Lk. 10), damit sie das Evangelium Jesu predigten. Er spricht zu seinen Jüngern (Mt. 10, 6.23): „Geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Haus Israel. Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt.“ Bis zum Jüngsten Tag soll den Juden das Evangelium gepredigt werden, das ist Jesu erster Missions- befehl! Nach seiner Auferstehung gibt Jesus dann den zweiten Missionsbefehl, der den Völkern in der ganzen Welt gilt (Mt. 28, 19).
Im hohepriesterlichen Gebet bittet Jesus den himmlischen Vater für seine Jünger (Joh. 17, 18.20): „Wie du mich gesandt hast in die Welt so sende ich sie auch in die Welt“ - nämlich zu den Juden und danach zu den Heiden -. „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden.“ Und der auferstanden Jesus sendet seine Jünger mit den Worten (Joh. 20, 21-23): „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“
So wurden die Apostel zu Juden und Heiden in die Welt gesandt.
Die Apostel haben dann treu zuerst den Juden das Evangelium gepredigt.
Zu Pfingsten predigt der Apostel Petrus (Apg. 2, 22.23.36.-38):
„Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus von Nazareth, von Gott unter euch ausgewiesen durch Taten, Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst – diesen Mann, der durch Gottes Ratschluss und Vorsehung dahingegeben war, habt ihr durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht. So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht. Als sie das aber hörten, ging's ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus: und den anderen Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun? Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes.“
Im Tempel heilte Petrus im Namen Jesu Christi einen Gelähmten, verkündet den anwesenden Juden Jesus und spricht zu ihnen (Apg. 3, 1.26):
„Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht Jesus erweckt und hat ihn euch gesandt, euch zu segnen, dass ein jeder sich bekehre von seiner Bosheit.“
Als die Oberen, Ältesten, Schriftgelehrten und Hohenpriester Petrus und Johannes verhörten, antwortet ihnen Petrus (Apg. 4, 10.12.20):
„So sei euch und dem ganzen Volk Israel kundgetan: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat, durch ihn steht dieser hier gesund vor euch. Und in keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden. Wir können's ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.“
Deshalb richtet das mitunter einzig vorgebrachte theologische Argument nichts aus, Jesus habe mit dem Missionsbefehl nach Mt. 28, 19.20 seine Jünger nur zu den Völkern der Heiden („Ethnos“) und nicht auch zu den Juden gesandt. Die Apostel wussten sich sehr wohl auch zu den Juden gesandt.
Als die Apostel vom Engel des Herrn aus dem Gefängnis befreit wurden, spricht er zu ihnen (Apg. 5, 20):
„Geht hin und tretet im Tempel auf und redet zum Volk („Laos“ – Volk Gottes der Juden) alle Worte des Lebens.“
Und später hören wir (Apg. 6, 7):
„Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.“
Nach dem Zusammentreffen des Petrus mit dem römischen Hauptmann Kornelius spricht Petrus (Apg. 10, 36.42):
„Er (Gott) hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle. Und er hat uns geboten, dem Volk („Laos“) zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten.“
Auch der Apostel Paulus, der zum Apostel der Heidenvölker berufen war, suchte zunächst die Synagogen auf, um den Juden Jesus zu bezeugen, bevor er sich an die Heiden wandte (Apg. 9, 20).
Paulus schreibt (Röm. 3, 9.10.24):
„Haben wir Juden einen Vorzug? Gar keinen. Denn wir haben soeben bewiesen, dass alle, Juden wie Griechen, unter der Sünde sind, wie geschrieben steht: Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus Gottes Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist." Paulus hat große Traurigkeit und Schmerzen im Herzen, weil die Juden Jesus Christus nicht annehmen und schreibt (Röm. 9, 2; 10,1.2): „Ich selber wünschte, verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch...Meines Herzens Wunsch ist, und ich flehe auch zu Gott für sie, dass sie gerettet werden. Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, aber ohne Einsicht.“
Detlef Löhde