"Aktive Sterbehilfe" - eine Hilfe zum Selbstmord
Kein Mensch möchte unter Qualen und Schmerzen langsam sterben. Wenn es nach der ärztlichen Diagnose nach menschlichem Ermessen unabänderlich in einigen Wochen auf den Tod zu geht, dann wünscht sich jeder einen schnellen Tod ohne einen langen Gang durch Qual und Schmerz. Gegen die berechtigten Ängste und Befürchtungen eines langen qualvollen Sterbens weisen Ärzte auf die großen Fortschritte der Schmerztherapie und auf den Dienst der Hospizbewegung hin.
Andererseits ist unsere Medizin vielfach in der Lage, das Sterben eines Todkranken durch den Anschluss an medizinische Geräte über Tage bis zu Wochen hinauszuzögern. Ohne den Anschluss würde der Patient in Kürze auf natürliche Weise sterben. Ist es verantwortbar, in einen bereits begonnenen Sterbeprozess in dieser Weise einzugreifen und ihn zu verzögern? Im Gegenteil, eine Verweigerung eines solchen Anschlusses bzw. ein Abschalten der Geräte ist verantwortbar, wenn nicht gar geboten. Solche Entscheidungen sind jedoch auch deshalb sehr schwer, weil in seltenen, nicht voraussehbaren Fällen ein als sterbend Angesehener wieder ins Leben zurückkehrt ist.
Ganz anders verhält es sich, wenn ein Todkranker seinen Arzt oder seine Angehörigen bittet, ihn doch angesichts der Todesdiagnose durch Gift o.ä. zu töten. Ein solches direktes aktives Töten auf Verlangen eines Todkranken steht zurecht unter Strafe. Um ein aktives Töten zu umgehen, stellt man dem Todkranken tödliches Gift zur Verfügung, das er dann selbst zu sich nehmen kann. Diese Art von „aktiver Sterbehilfe“ ist inzwischen in einigen europäischen Staaten legalisiert worden und es haben sich dort gewerbsmäßige Sterbehilfe-Vereine etabliert. In Deutschland läuft die Diskussion zur Vorbereitung einer gesetzlichen Regelung. Durch die Äußerungen des damals noch amtierenden EKD-Ratsvorsitzenden Schneider, im Blick auf seine krebskranke Ehefrau, hat die Diskussion jetzt wieder Fahrt aufgenommen. Bisher hatten die christlichen Kirchen „Sterbehilfe“ in Form des aktiven Tötens wie auch der Beihilfe zum Selbstmord entschieden abgelehnt.
Bei der Diskussion erstaunt, dass vielfache Sekundär-Argumente gegen die aktive Sterbehilfe vorgebracht werden und wohl auch das Gesetzgebungsverfahren beeinflussen werden. Es wird Missbrauch befürchtet, Todkranke könnten unter Druck gesetzt werden, aktive Sterbehilfe dürfe nicht gewerbsmäßig erfolgen, der ärztliche Eid des Hypokrates stehe gegen Sterbehilfe, sie erinnert an das Euthanasieprogramm des 3. Reiches, bei Todkranken ändern sich häufig Todeswunsch und Lebenswille... Viele Argumente, die man sinngemäß schon bei der Diskussion über die Abtreibung hätte berücksichtigen und entsprechend das Verbot hätte bestehen lassen müssen!
Mit dem Vergleich der Abtreibung kommt man zur eigentlichen primären Frage der Sterbehilfe: Wie weit geht das Selbstbestimmungsrecht des Menschen? Mein Bauch gehört mir? Mit meinem Leben mache ich, was ich will? Meinen Todestag bestimme ich?
Nein, sagt Gott zu solchen Sätzen. „Ich bin der HERR, dein Gott.“ Ich bin der Herr über Leben und Tod und nicht du! Ich gebe den Odem des Lebens und ich nehme ihn auch wieder (Ps. 104, 29). Dir aber gilt: „Du sollst nicht töten.“ Du sollst das Ebenbild Gottes, das jeder Mensch ist, nicht zerstören, nicht töten. Der Apostel Paulus schreibt (Röm. 14, 7.8): „Keiner lebt sich selber und keiner stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn.“ Das wusste schon der leidende Hiob. Weiter schreibt Paulus (1. Kor. 3, 16.17; 6, 19.20), dass unser Leib ein Tempel Gottes ist. Darum sollen wir Gott mit unserem Leib preisen und dem ist Verderben angedroht, der den Leib verdirbt. Keiner darf, auch nicht wir selbst, den Tempel Gottes zerstören.
Es ist bedauerlich und verwundert, dass die Kirchen nur selten diese biblisch begründeten Primär-Argumente ausdrücklich bekennen und kaum in die Öffentlichkeit und staatliche Diskussion einbringen!
Detlef Löhde
Siehe auch Sterben und Patientenverfügung
Stellungnahme zur Sterbehilfe von Bischof Hans-Jörg Voigt / SELK
Lesehinweis:
FAZ vom 18.12.2014 "Ein guter oder ein böser Sterbewunsch" von Roland Kipke