Als Christ dem Staat gehorsam sein?
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- In wie weit hat ein Christ die Gesetze des Staates zu befolgen?
Zu dieser Frage hören wir vom Apostel Paulus (Röm. 13, 1ff., LÜ 1984): „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes.“
Was ist mit dem „der-Obrigkeit-untertan-sein“ gemeint? Eine mehr wörtliche Übersetzung des griech. Urtextes würde lauten „den euch übergeordneten staatlichen Gewalten („exousia“) ordnet euch unter“. Zur Zeit des Paulus waren die übergeordneten staatlichen Gewalten der römische Kaiser mit seinen regionalen Statthaltern und Gerichten sowie die von ihnen eingesetzten bzw. geduldeten Oberen der Juden.
Das heißt, dass z.B. auch Pilatus von Gott eingesetzt war. Jesus hat ihm das sogar bestätigt (Joh. 19, 11). Das gilt auch vom Kaiser Nero und allen christenverfolgenden Kaisern und Machthabern! Die Machthaber sind eben mitunter auch besonders böse sündige antichristliche Menschen. Machthaber können zum Segen aber auch zur Prüfung und zur Strafe und Buße dem Volk gesetzt sein. Das ist Sache des „unergründlichen verborgenen Gottes“. Und Christen sind nicht nur den guten Machthabern Gehorsam schuldig, sondern jedem!
Grenzen findet der christliche Gehorsam nur, wenn Machthaber verlangen, ganz konkret und persönlich gegen Gottes Gebot und Auftrag zu handeln. Nur in solchem Falle sprachen Petrus und die Apostel zum Hohen Rat (Apg. 5, 29): „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Diese Verweigerung darf aber nur passiv – leidend - geschehen und nicht im aktiven gewaltsamen Widerstand. Wie Jesus spricht: „Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.“
Selbst eine böser, ja, antichristlicher Machthaber, nimmt im gewissen Umfang immer noch seine Aufgaben als Ordnungsmacht wahr, nämlich dem Chaos, dem Kampf jeder gegen jeden, der allgemeinen Kriminalität und äußeren Feinden zu wehren.
Petrus schreibt (1. Petr. 2, 13.14.17): „Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt sind zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. Ehrt jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehrt den König.“
Und wir sollen für die herrschenden Machthaber beten, auch wenn sie böse sind. Das ist keine Bestätigung in ihrer Bosheit, sondern dass Gott Unheil abwende und ihr Herz zum Guten wende und stärke. Das beinhaltet die Fürbitte für den Machthaber, selbst wenn es so nicht ausdrücklich ausgesprochen wird. Paulus schreibt (1. Tim.2, 1.2): „So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.“
Gibt es eine spezifisch christliche Staatsform?
Nach dem Neuen Testament gibt es keine spezifisch christliche Staatsform, obwohl dies immer wieder beansprucht wurde. Die Monarchie ist nicht christlicher als die Demokratie wie auch umgekehrt. Selbst eine Diktatur ist nicht von vornherein unchristlich. Unchristlich ist eine Staatsform nur, wenn sie mit einer totalitären staatlichen Ideologie oder Weltanschauung auf die Seelen der Menschen antichristlichen Einfluss nehmen möchte.
Welches sind heute die „uns übergeordneten staatlichen Gewalten“?
Das sind nach unserem Grundgesetz die gesetzgebende Gewalt (Parlamente), die vollziehende Gewalt (Regierung mit Verwaltungsbehörden) und die rechtsprechende Gewalt (Gerichte). Also bedeutet für uns Röm. 13, 1 ff.: Haltet die bestehenden Gesetze ein, seid der Regierung mit ihren Behörden und den Urteilen der Gerichte gehorsam.
Dem Gehorsam widerspricht es nicht, wenn man auf dem dafür vom Staat vorgesehenen Rechtsweg staatliche Anordnungen und Gesetze von Gerichten überprüfen lässt. Ebenso widerspricht es dem Gehorsam nicht, wenn man in einer geordneten gewaltlosen Opposition die Regierung ablösen will.
Dass man eine Anordnung oder ein Gesetz für ungerecht oder für zu hart hält, reicht noch nicht aus, dem nicht nachzukommen!
Trotz aller auch bei uns in staatlichen Einzelbereichen herrschenden Ungerechtigkeiten, Härten und Missständen haben wir doch dankbar festzustellen, dass wir uns nicht vor Verfolgung, Willkür und Gefängnis fürchten müssen. Dass wir unseren Ehepartner, unseren Beruf, unseren Wohnort frei wählen können, wir unseren christlichen Glauben frei und offen leben können, unsere politische Führung und auch eine Opposition wählen dürfen. Solche weitgehende Freiheit ist, wie wir aus der Geschichte und aus anderen Ländern der Welt wissen, keinesfalls selbstverständlich. Deshalb haben wir allen Grund, Gott für unsere äußere Freiheit in unserem Staat zu danken und für die „Obrigkeit“ zu beten.
Detlef Löhde, 28.6.2014
Siehe auch: Von der inneren Freiheit eines Christen
Siehe auch: Darf ein Christ Waffendienst leisten, Soldat sein?